Nr. 110/2019

33 HUMBOLDT KOSMOS 110/2019 In Deutschland präsent ist die Historikerin schon jetzt – nicht nur durch ihre fachliche Arbeit, sondern auch als Mitgestalterin einer Ausstellung zum Mode­ tagebuch des Fugger-Buchhalters Matthäus Schwarz in Braunschweig. „Dressed for Success“ heißt die Schau rund um die minutiöse Dokumentation der prächtigen Gewänder, die Schwarz, den seine Zeitgenossen „Klei- dernarr“ riefen, im 16. Jahrhundert für sich anfertigen ließ. „Früher habe ich nie darüber nachgedacht, was die Menschen vor 500 Jahren trugen“, sagt Ulinka Rublack. Das habe sich geändert, als sie merkte, wie viel Globalgeschichte schon damals in einem modischen Outfit steckte. Manche Stoffe wurden aus Indien oder Indonesien nach Europa geschafft, der Federschmuck aus Amerika und Afrika, wobei der Handel Einfluss auf die sozialen Gefüge und die Ökosysteme aller beteiligten Länder hatte. Einen Aspekt greift Rublack heraus: „Das Umweltdesaster durch die Textilproduktion beginnt in der frühen Neuzeit.“ All diesen weltweiten Zusammen- hängen spürt die rührige Wissenschaftlerin derzeit nach. Der Arbeitstitel für das geplante Buch lautet „Triumph der Mode 1300 bis 2020“ – an öffentlicher Aufmerksam- keit sollte es nicht fehlen. ZU DEN QUELLEN ULINKA RUBLACKS zählt auch das Kos- tümbuch des Matthäus Schwarz. Der modebewusste Fugger- Buchhalter ließ sich im Augsburg der Renaissance in aufwendigen Gewändern porträtieren. Schon damals galt: Kleider machen Leute. Schwarz verhalf sein Modebewusstsein zum gesell- schaftlichen Aufstieg. Die histori- sche Quelle erzählt implizit auch Globalisierungsgeschichte, denn die Stoffe kamen von weit her. PROFESSORIN DR. ULINKA RUBLACK lehrt seit 1996 Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit am St John’s College in Cambridge, Vereinigtes Königreich. 2018 wurde sie mit dem Reimar Lüst-Preis der Humboldt-Stiftung und der Fritz Thyssen- Stiftung ausgezeichnet. Die gebürtige Deutsche gilt als ausgewiesene Expertin für Reformationsgeschichte und Kultur- und Geschlechtergeschichte der Frühen Neuzeit. Mit ihrer Rekonstruktion des Hexenprozesses gegen die Mutter des Astronomen Johannes Kepler erreichte Rublack auch in Deutschland ein breites Publikum. Jüngst wurde sie für die Monographie mit dem Historikerpreis des Historischen Kollegs in München ausgezeich- net. Die Historikerin ist Mitglied der British Academy. „Der Astronom und die Hexe“, Klett-Cotta, Stuttgart, 2018

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