Nr. 113/2021

Sie fahren auf Schiffen oder imLKWquer über den Globus mit, ver­ steckt in der Erde eines Blumentopfes oder einer Kiste voll Obst. Die Ausbreitung invasiver Ameisenarten lässt sich kaum verhindern. In fremden Ökosystemen können sie aber großen Schaden anrichten, weil heimische Tierarten nicht gelernt haben, sich zu schützen. Der Verhaltensbiologe Tomer Czaczkes erforscht, wie Argentinische Ameisen Entscheidungen treffen. Er möchte herausfinden, ob und wie man invasive Ameisen durch Erwartungsmanagement überlisten kann. Dazu bezieht er erstmals deren kognitive Fähigkeiten ein. „BeimMen- schen gelingt es uns, ihn mit psychologischen Tricks dazu zu bringen, etwas zu kaufen, was er eigentlich nicht braucht”, sagt er. Ähnliche Mechanismen sucht er bei invasiven Ameisen, um sie beispielsweise dazu zu bringen, mit Gift präpariertes Futter in den Bau zur Königin zu tra- gen, statt es liegen zu lassen. Die einzige Abhilfe gegen invasive Ameisen sei letztlich, sie wieder los- zuwerden, erklärt Czaczkes. Er stellte fest: Finden Ameisen Futter mit geringerem Zuckergehalt vor als erwartet, hören sie auf zu fressen und setzen weniger oder keine Pheromone ab, mit denen sie ihre Artgenos- sen anlocken können. Finden sie aber Futter mit unerwartet hohem Zuckergehalt, setzen sie ihren Duftstoff besonders stark ab. „Ameisen können offenbar ebenso wie Menschen Enthusiasmus und Frustration empfinden“, sagt Czaczkes. „Ich will herausfinden, ob man solche psy- chologischen Effekte bei der Bekämpfung invasiver Arten nutzen kann.“ Text MARLENE HALSER DOKTOR TOMER CZACZKES kam 2013 als Humboldt-Forschungssti­ pendiat an die Universität Regensburg, wo er heute als Gewinner eines ERC Starting Grants 2020 eine Nachwuchsforschungsgruppe leitet. HERR CZACZKES, WIE WOLLEN SIE INVASIVE AMEISEN ÜBERLISTEN? Foto: Humboldt-Stiftung/David Spaeth NACHGEFRAGT 8 HUMBOLDT KOSMOS 113/2021

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